Stermann
& Grissemann - "Willkommen in der Ohrfeigenanstalt"
Deutsch-österreichische
Schlag-Fertigkeit
Es
stand endlich mal wieder eine Veranstaltung im BKA an. Dieses Mal
gings allerdings nicht ins "Luftschloss" unter den Linden,
sondern ins Theater am Mehringdamm in Kreuzberg. Dort erwartete
uns eine nette und entspannte Atmosphäre und eine Menge Gleichgesinnter,
die sich wie wir auf zwei Stunden Kabarett von und mit Dirk Stermann
(D) und Christoph Grissemann (A) freuten.
Stermann
und Grissemann, da klingelt es sicher bei einigen von Ihnen. Die
beiden Verbalterroristen haben sich, unbehelligt von Staatsschutz
und Vertriebenenseelsorge, nicht zuletzt auch durch Ihre Radiosendungen
beim ORF/FM4 und ORB/radio1 einen durchschlagenden Ruf erstritten.
Ab und an treten beide dann auch gerne gemeinsam in der beruflichen
Heimat eines von ihnen auf und attackieren das zumeist sehr zahlreich
anwesende Publikum mit teils morbiden, teils an den Rand der Zumutbarkeit
gehenden Offenbarungen.
Zwei
Bespiele: wussten Sie, dass man Analphabeten auch ganz anders als
gewöhnlich betonen kann? Oder auch, dass kinderlose, alleinerziehende
Männer mit der Doppelbelastung - hier ist allerdings Bier UND
Fußball gemeint - schnell überfordert sein können?
Nein? Ich bis dahin auch nicht.
Aber
schildern wir den Abend doch einfach so, wie er war.
Die
Reihen des einzigen Vorstellungssaals Im BKA-Theater am Mehringdamm
waren dicht gefüllt, jeder Platz besetzt. Auch in den Gängen
und an den Seiten standen noch Zuhörer, die sich das Programm
"Willkommen in der Ohrfeigenanstalt" nicht entgehen lassen
wollten. Publikum an Rande der Sauerstoffschuld. Augenscheinlich
reichen vielen die Stimmen der beiden Akteure nicht - man will sie
sehen. Und das ist - nicht nur in Berlin - gut so.
Das
Programm gibt vieles her: Wahrheiten über Personen des aktuellen
Zeitgeschehens etwa wie Arabella Kiesbauer oder Uschi Glas. Nebenbei
bemerkt: bei dem Gedanken an Uschi Glas gleichzeitig den Tod zu
assoziieren mag ja noch angehen, aber ein Vergleich zwischen Frau
Kiesbauer und "unserem Führer", auch wenn beide gleicher
Nationalität sind bzw. waren, wirft schon die Frage nach der
Political Correctness der beiden Akteure auf. Schock als Stilmittel.
Ferner finden sich Anekdoten und Insider-Stories der beiden aus
Ihrer jeweiligen Moderatorentätigkeit im Programm wieder. Dabei
kommen die Sender und einige Kollegen - etwa die österreichische
Moderatorin Spira - nicht wirklich gut bei weg, aber das würde
niemand im Saal anders erwarten.
Und
letztlich sind es dann auch die privaten Geschichten Stermanns und
Grissemann, die beide in das gewohnte Licht setzten, das man von
Ihnen gewohnt ist: selbstinszenierte Geistesschwäche, Morbidität,
Lebensuntauglichkeit gepaart mit Selbstverleugnung und -hass. Eine
explosive Mischung für Kopf und Zwerchfell. Vielleicht wollen
Sie uns ja anstecken mit Ihrer Krankheit.
Wird erhalten Bericht über private Begebenheiten von Stermann
und Grissemann, über Ihre "Urlaube" beispielsweise.
Wer kennt sie nicht, die beliebtesten Urlaubsziele eines Mitteleuropäers:
Rhodos, Tirana, Duisburg.
Duisburg? Ja Duisburg. Dieser ehemaligen Metropole des schwarzen
Goldes, dieser Hauptstadt des Wirtschaftsaufschwungs, dieser Binnenhafengroßmacht
entstammt der gute Stermann. Und wer oder was sollte ihn davon abhalten,
seinem Publikum davon zu erzählen? Niemand. Das will ja auch
keiner.
Schlimmer
noch hat es Grissemann erwischt - er ist Österreicher. Der
kontert - natürlich in seiner unnachahmlichen morbiden Art
- und gibt uns seine Lebenbe(r)ichte zum Besten.
Das macht Freude und Angst zugleich: Freude an der schier endlosen
Kreativität, mit der die Protagonisten des Abends uns Ihre
Geschichten auftischen, Angst davor, sie könnten es - man stelle
sich das vor - wirklich ernst meinen.
Aber das tun Sie gottlob nicht. Oder doch? Finden Sie es heraus!
Weitere Infos, Links, Buchungsmöglichkeiten und Tickets sowie
keinen Lebenslauf der Beiden finden sich übrigens unter www.stermann-grissemann.com.
(c)
2004 Gerd M. Fuchs
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