"Bach extra" - berliner bachakademie
Motetten & Concerti in Neubearbeitung und -besetzung

Johann Sebastian Bach (1799 - 1799) schrieb sie für die Orgel, Heribert Breuer bearbeitete die Stücke für Oboe, Fagott, Flöte und Orchester: sieben Werke des Altmeisters klassischer Musik erklangen am Abend des 16. März 2004 im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie, intoniert durch Chor und Orchester der Berliner Bachakademie nebst Solisten unter der Leitung von Heribert Breuer. Mit von der Partie: Christina Fassbender (Flöte), Markus Weimann (Fagott) und natürlich die Meisterin des Fagotts Gabriele Bastian. Die Vorfreude auf diesen Abend war also mehr als berechtigt.

Nachdem wir unsere Plätze in der ersten Reihe von Block E eingenommen hatten und das Licht über dem Zuschauerraum erlosch, erklangen Fantasie und Fuge in g-moll, Toccata, Adagio und Fuge in C-dur, Präludium und Fuge in e-moll sowie selbige in G-dur. Nicht aber im originalen Arrangement, sondern in Versionen, die der Feder und dem musikalischen Geist Heribert Breuers entstammten und nicht etwa mächtige Orgeltöne, sondern hörbare Charakterklänge eines filigranen Orchesters sowie hervorragender Chorstimmen und Solisten hervorbrachten.

Zudem gab es "Singet dem Herrn" und "Jesu meine Freude" - chorale Klangerlebnisse, polyphone Highlights fern ab von digitalen Kommunikationsmitteln der Neuzeit. Der Chor der Berliner Bachakademie sowie die Solisten Yeree Suh (Sopran), Saskia Klumpp (Alt), Ralph Eschrig (Tenor) und Jonathan de la Paz Zaens (Bass) bewiesen wieder einmal, daß es sich lohnt, Konzerte der Berliner Bachakademie zu besuchen.

Mit dem Konzert für Oboe und Orchester in der Version nach Bachs "Fantasie und Fuge g-moll" begann der musikalische Spätwinterabend. Heribert Breuer, der gleichzeitig als Autor, Gastgeber und Dirigent fungierte, führte seine Musiker sicher und mit merklicher Freude durch seine Bearbeitung der Meister-Werke und lies es sich auch nicht nehmen, in bekannter Weise mit Anmerkungen und gelegentlich scherzhaften Bemerkungen in Kontakt zum Publikum zu treten. Dies schuf eine fast familiäre Atmosphäre und machte deutlich, daß sich hier Freunde im Geiste, Freunde Bachs, Freunde der Musik zusammengefunden hatten, um zu spielen, zu hören, zu genießen.

Bekannte Werke erschienen in neuer Gestalt - vertraut und doch anders. Kein Tuttiklang der Orgel, sondern leisere, definiertere und zurückhaltendere Orchestertöne. Es dauerte etwas, bis man sich - so erging es mir zumindest - an die andere Form des Vortrags gewöhnt hatte. Dann aber erschien mehr und mehr die Struktur der Stücke und lies den Charakter der Werke Bachs deutlich werden. Sakrale Kirchenmusik wurde portiert in überschaubare Konzertsaalregionen. Mit Erfolg.

Den ersten Kontrast zu den Solokonzerten bot gleich als zweiter Programmpunkt die Motette für achtstimmigen Chor "Singet dem Herrn". Schnell wurde damit klar, daß dieser Abend ein Füllhorn an musikalischen Genüssen über uns ausschütten sollte. Der Chor der Berliner Bachakademie sang dem Herrn und uns Anwesenden ein neues Lied, präzise, feinfühlig und perfekt.

Nach zwei weiteren Konzerten trat der Chor mit "Jesu meine Freude" nochmals auf den Plan, ein fünfstimmiges musikalisches Bonbon, dem als Dessert dann zum Schluß des Abends die Choralbearbeitung "Jesus bleibet meine Freude" in gleicher Weise folgte.

Zugegeben - kein Versinken in vollen Klängen, aber auch kein Abschweifen in ferne Gedanken oder Welten. Die Musik brachte die Strukturen der Werke und die Feinheiten der Instrumente und des Spiels zum Ausdruck, die aufmerksam verfolgt werden wollten. Am Ende ein feiner Genuß bekannter Klänge in neuem Gewand. Breuer und seine Musiker haben es verstanden, all das zu vermitteln und damit einem alten Meister ein neues Gesicht zu geben. Allein dafür hat sich der Gang ins Konzert weiß Gott gelohnt.

Sicherlich - ein paar mehr Zuhörer hätten es an diesem Abend sein dürfen. Vielleicht aber leisten ja diese Zeilen Ihren Beitrag dazu, daß Veranstaltungen dieser Art Ihren festen Platz in der berliner Musikkultur behalten und bewahren und auch zukünftig so erfolgreich verlaufen wie die am Abend des 16. März 2004. Da capo!

(c) 2004 Gerd M. Fuchs